Kommandozentrale: Stubentisch
Der Zivilschutz im Emmental ist bei der Bewältigung von Unwettern ein wichtiges Organ. Jetzt funktioniert er aber vor allem als Seniorenschützer. Die Führungskräfte der Zivilschutzregion Trachselwald PLUS beweisen in dieser Pandemiezeit, wie man sich selbst – privat und beruflich – neu organisieren muss.
17.04.2020 | Kommunikation BABS
«Der Zivilschutz ist kein Sprinter, sondern ein Langstreckenläufer», erklärt die Berner Sicherheitsdirektion den Zweck ihres Einsatzorgans auf der Kantonswebsite. Im Ernstfall rücken jeweils Feuerwehr und Polizei als erste Hilfe aus. Der Zivilschutz kommt dann zum Zug, wenn es grosse und viele kleine Schäden zu beheben gilt. Das Aufräumen erfordert jedoch Zeit und Durchhaltewillen: Nach den starken Unwettern, die Teile der Region Emmental etwa im Spätsommer 2014 unter Wasser setzten, zogen sich die Arbeiten für die Wiederinstandstellung über mehrere Wochen hin. Auch die Zivilschutzorganisation Trachselwald PLUS stand damals im Dauereinsatz.
Nun benötigt der Zivilschutz-Kommandant Walter Gfeller abermals einen langen Atem, obwohl die Einsatzart und die Umstände diesmal ganz anders sind. Weder sind starke Muskeln, noch schwere Geräte gefragt. Derzeit leistet der Zivilschutz im Emmental – ebenso wie an vielen anderen Orten in der Schweiz – einen unmittelbaren Dienst an der sensiblen Bevölkerung. Zur Bewältigung des Pandemie-Lockouts gilt es unter anderem, Senioren zu schützen und sie im Alltag zu unterstützen. So organisiert die Zivilschutzorganisation Trachselwald PLUS an den Wochenenden die Eintrittskontrolle im Seniorenpark Sonnegg in Huttwil. Und im Auftrag der Spitex-Region Lueg sind drei Zivilschutzangehörige für den mobilen Mahlzeitendienst an vier Tagen pro Woche unterwegs. Die Einsätze begannen Anfang März; ein Ende des Diensts ist momentan nicht in Sicht.
Eine weitere Besonderheit ist: Kommandant Walter Gfeller leitet die Arbeiten exklusiv aus dem Home-Office. Er selbst befindet sich in Quarantäne und muss sich vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus schützen. Da er der Risikogruppe angehört, hat ihm der Hausarzt untersagt, mit anderen Personen als seiner Ehefrau in direkten Kontakt zu treten.
Kommunikation ist das Wichtigste
Dank Computer und Handy als ständige Begleiter ist Walter Gfeller über alles Wichtige im Bild und mit allen zuständigen Personen im Austausch. «Kommunikation ist das Wichtigste überhaupt», sagt der Zivilschutz-Kommandant. Dies nicht erst, seit sich der Chef nicht mehr auf der Geschäftsstelle blicken lassen darf. Umso mehr profitieren er sowie seine Mitarbeiterin und seine beiden Stellvertreter nun davon, dass man sich über Jahre als Team in der Koordinations- und Verwaltungsarbeit kennenlernen und einspielen konnte.
Gfeller übernimmt diejenigen Aufgaben, die er von zu Hause aus einfach erledigen kann, vorab den Austausch mit den Gemeindebehörden und dem Regionalen Führungsstab. «Zudem finde ich Zeit, Pendenzen abzutragen und die Datenablage auf den neusten Stand zu bringen», so Gfeller.
Die EDV-Infrastruktur ist nicht derart perfektioniert, dass er sich vom Stubentisch aus in das IT-Netzwerk der Geschäftsstelle einwählen kann. Der Kommandant geht Ende Jahr in Pension und will sich bis dahin konventionell behelfen. «Ich spreche mich mit der Mitarbeiterin so ab, dass ich Unterlagen jeweils abends in der Geschäftsstelle abhole.» Wichtig ist dabei: «Vertrauen in die Untergebenen und eine gut vorbereitete Einsatzplanung.» Die Leitung und Überwachung der Einsätze sind derweil an die Stellvertreter delegiert.
Doppelt gefordert
Auch für Richard Büchi und Patrick Ruch, die beiden Stellvertreter, ist es keine einfache Zeit: Richard Büchi ist Inhaber einer Spielwaren- und Papeteriekette, deren Läden mit dem Lockout geschlossen sind. Sein Personal muss zu Hause bleiben; online bestellte Waren liefert er selbst aus. Kollege Ruch kann dagegen seinen Handwerkerbetrieb weiterführen. Beide sind deshalb doppelt gefordert und teilen die Zeit zwischen eigenem Geschäft und Zivilschutzkommando gut auf.
Zu Beginn war die Einsatzplanung eher aufwändig. Inzwischen haben sich die Dienstpläne der Zivilschutzangehörigen gut eingespielt. Der Zivilschutz wurde für den mobilen Mahlzeitendienst angefragt, weil die bisherigen Fahrer selbst zur Risikogruppe gehören. Bei diesem Aushilfsdienst ist das Tragen von Schutzmasken selbstverständlich.
Kommandant Walter Gfeller wird seinerseits durch seine Familie unterstützt. Die Tochter erledigt sämtliche Einkäufe und stellt die Taschen jeweils vor der Haustür ab. Ein kurzer Schwatz – mit gebührender Distanz vom Balkon aus – gehört auch in dieser «kontaktlosen» Zeit einfach dazu.