Zivilschutz Schaffhausen: "Unser Einsatzmodell dient unserer Mission, den Arbeitgebern und den Angehörigen des Zivilschutzes".
Der Zivilschutz Schaffhausen steht seit Ende Februar mit unterschiedlichsten Aufträgen im Einsatz. Die lokale Verankerung, eine Vielfalt an Kompetenzen, um die Aufgaben zu erfüllen und ein flexibles Aufgebots- und Einsatzmodell gehören zu seinen Stärken. Der Kommandant des Zivilschutzes Schaffhausen, Oberstleutnant Christoph Kolb, zieht eine erste Zwischenbilanz.
16.04.2020 | Kommunikation BABS
Wann wurde über einen Einsatz des Zivilschutzes entschieden und warum? Wie rasch standen erste Angehörige des Zivilschutzes (AdZS) im Einsatz?
Ein Teilstab der Kantonalen Führungsorganisation war bereits ab 28. Februar unterstützend tätig und die Abteilung Zivilschutz war von Anfang an informiert und einbezogen. Der Regierungsrat hat am 3. März den Teilstab Pandemie eingesetzt und somit die Führung an die Kantonale Führungsorganisation (KFO) übertragen. Mit den ersten Einschränkungen des Bundesrates erhielt das Gesundheitsamt zahlreiche Anfragen per Telefon und E-Mail. Der Zivilschutz bekam darum am 3. März den Auftrag, zwei Tage später die Hotline Covid-19 in Betrieb zu nehmen. Aufgrund der Lage wurde beschlossen, nicht die ordentliche Hotline bei der Polizei, sondern eine Hotline beim Gesundheitsamt einzurichten. Wir haben sofort per SMS, E-Mail und Post die Angehörigen des Bereichs Hotline Unterstützung der Raschen Einsatzformation REiF, aufgeboten. Nach einer kurzen Einführung waren wir am Donnerstag, 5. März, um 10.00 Uhr startklar. Neben der ZSO waren auch die Informatikdienste gefordert, die die nötige Infrastruktur bereitzustellen hatten.
Den Auftrag zur Pretriage im Kantonsspital haben wir am 4. März erhalten. Nachdem dieser Einsatz bereits in der Vorwoche diskutiert worden war, beschleunigten sich nun die Ereignisse. Am 6. März bauten wir im Rahmen eines Kaderkurses die nötigen Trennwände ein und die Tiefgarage des Kantonsspitals zur Pretriage-Zone um. Ab dem 9. März erhielt ein Betreuungszug des Zivilschutzes eine ausführliche Schulung vor Ort und übernahm den Betrieb.
Am 18. März erliessen wir die Aufgebote für die AdZS, die ab 24. März in der Zugangskontrolle, auch für das nahe gelegene Abklärungszentrum der Hausärzte, im Einsatz standen.
Wo sehen Sie die Stärke des Zivilschutzes in einem solchen Einsatz zur Unterstützung ganz verschiedener Behörden?
Nicht unbedingt in der kurzfristigen Verfügbarkeit, obwohl wir mit viel Aufwand seitens Zivilschutzstelle und Instruktionspersonal rasch genug einsatzbereit waren für die bisherigen Aufträge. Die Stärke liegt klar in der Vielfalt der Truppengattungen (Betreuer, Führungsunterstützung, Pioniere, Spezialformationen) und im Miliz-System, das den Rückgriff auf eine grosse Anzahl Personen ermöglicht – unser Zivilschutz hat einen Bestand von rund 800 Personen. Die lokale Verankerung des Zivilschutzes ist ebenfalls ein Vorteil. Die AdZS haben kurze Anreisewege und können nach ihrer Schicht nach Hause zurückkehren. Wir müssen sie nicht beherbergen, was die Organisation erleichtert und das Ansteckungspotential minimiert. Auch können wir kleine Teams oder gar Einzelpersonen einsetzen, die sich in die zu unterstützende Organisation integrieren. Die Verfügbarkeit von Profipersonal (3 Instruktorinnen und Instruktoren) ist ebenfalls ein grosser Vorteil.
Mussten Sie AdZS vom Einsatz dispensieren, weil sie in systemrelevanten Berufen arbeiten?
Ja. Grundsätzlich alle, die in Gesundheitsorganisationen und Heimen arbeiten, einige Logistiker aus der Lebensmittelversorgung, auch eine Person mit Schlüsselfunktion in der Stromversorgung. Diese Dispensationen bringen einen hohen administrativen Aufwand. Wir haben eine eigene Kontaktnummer aktiviert und interne Richtlinien aufgestellt, auf deren Basis die Zivilschutzstelle schnell über eine Dispensation entscheiden kann. Wir haben für den Einsatz ein Schichtmodell entwickelt, das es den AdZS erlaubt, einige Tage Dienst im Zivilschutz mit den Tätigkeiten an ihrem Arbeitsplatz abzuwechseln. So konnten wir vielen Arbeitgebern und AdZS entgegenkommen.
Dispensationsgesuche aus medizinischen Gründen (z. B. vermutete Zugehörigkeit zur Risikogruppe) beurteilt eine Vertrauensärztin beim Gesundheitsamt. AdZS, die keinen Patientenkontakt haben sollten, setzen wir nun vor allem in der Hotline ein.
Wie ist die Motivation der AdZS, gibt es entscheidende Faktoren, welche die Motivation beeinflussen?
Die Motivation ist gut. Es haben alle verstanden, dass es sich um einen Nothilfeeinsatz handelt und nicht um einen WK oder eine Übung. Das Schichtmodell ermöglicht es, immer wieder an den Arbeitsplatz oder nach Hause zurückzukehren, dazu erhalten wir positive Reaktionen. Wir bieten die AdZS bisher jeweils für max. vier Wochen auf. Danach werden sie durch eine andere Formation abgelöst. So können wir unsere Aufträge erfüllen und gleichzeitig die Belastung auf den Einzelnen und die Arbeitgeber im Mass halten. Die AdZS wissen, dass der Einsatz für sie ein Ende hat – natürlich vorausgesetzt, die Lage wird nicht schlimmer. Eine ganz andere Herausforderung ist es, wenn bei der Pretriage oder der Zugangskontrolle an einem Nebeneingang im Kantonsspital fast nichts läuft. Das fangen wir auf, indem wir die AdZS im Turnus an einem der drei Eingänge einsetzen.
Was ist für sie die grösste Herausforderung in diesem Einsatz?
Durchhaltefähigkeit und Länge des Einsatzes. Wichtig für uns im Kommando ist die Konzentration auf den Auftrag, das Gesundheitssystem zu stützen. Erfreulicherweise denken viele potentielle Leistungsabnehmer zurzeit an den Zivilschutz, und uns wird Grosses zugetraut. Das schmeichelt, die Gefahr der Verzettelung durch viele Kleinaufträge und auf Nebenschauplätzen ist allerdings gross. Angesichts der zu erwartenden Länge der Krise müssen wir die Durchhaltefähigkeit der ZSO im Auge behalten, wir dürfen nicht alle AdZS gleichzeitig in den Einsatz bringen. Eine weitere Herausforderung liegt darin, den Leistungsabnehmern beizubringen, dass wir keine Blaulichtorganisation sind, sondern einen Vorlauf von einigen Tagen benötigen, um unser Personal auf Platz zu bringen.
Der Zivilschutz Schaffhausen im Corona-Einsatz |
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Speerspitze des Zivilschutzeinsatzes in Schaffhausen ist jeweils die REiF, die rasche Einsatzformation. Angehörige dieser Formation, die im Kanton und vom BABS für den Betrieb einer Polizeihotline ausgebildet wurden, kamen Ende Februar als Erste zum Einsatz, knapp zwei Tage nachdem die kantonale Führungsorganisation dem Gesuch des Gesundheitsamtes stattgegeben hatte, die Hotline zu verstärken. Die Hotlineorganisation wurde seither kontinuierlich ausgebaut: Die Betriebszeiten wurden auf das Wochenende ausgedehnt; eine Triage, welche gesundheitliche und etwa Themen aus dem Wirtschaftsbereich frühzeitig separiert, wurde eingerichtet; das Personal wurde mit Zivilschutzleistenden aufgestockt, die aus gesundheitlichen Gründen keinen Patientenkontakt haben sollten. Ein Schwerpunkt des Zivilschutzeinsatzes ist die Unterstützung für das Kantonsspital in Zusammenhang mit dem Corona-Ereignis. Ab 9. März wurde rund um die Uhr eine Vortriage der Besucher des Notfalls des Kantonsspitals betrieben. Dazu wurden primär ausgebildete Betreuer, aber auch Pioniere und Stabsassistenten des Zivilschutzes eingesetzt. Da die Fallzahlen Ende März zurückgingen, wurde das Zivilschutzpersonal vorübergehend abgezogen. Es hält sich bereit, um bei einem erneuten Zuwachs seine Tätigkeit sofort wieder aufzunehmen. Weiterhin sind Zivilschützer in der Zugangskontrolle des Kantonsspitals eingesetzt. Da ein Besuchsverbot angeordnet wurde, erhalten nur Befugte Zugang zum Spitals. Weitere AdZS unterstützen die Zivilschutzstelle bei der Administration der Aufgebote sowie die Staatskanzlei im Bereich Kommunikationsaufgaben. |
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