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Der grösste Einsatz der Geschichte

Der Kanton Zürich ist der am stärksten von der Pandemie betroffene Deutschschweizer Kanton. Engpässe in der Gesundheitsversorgung können nur mit vielfältigster Hilfe von Zivilschutzkräften behoben werden. Der Zivilschutz unterstützt zurzeit auch die Kantonsapotheke, um den akuten Mangel an Desinfektionsmitteln zu beheben.

09.04.2020 | Kommunikation BABS

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Über 800 Zürcher Zivilschutzangehörige sind aktuell dort im Einsatz, wo Support auf unterschiedlichste Weise dringend nötig ist.

«#StayHome» leuchtet seit Neustem das Display unserer Handys, dort wo bisher der Name des Mobilfunkanbieters stand. Mit «#ZueriBliibtDihei» doppeln die Behörden im Kanton Zürich über die sozialen Medien nach. Oder: «Bleiben Sie zu Hause. Bitte. Alle.» verkünden Grossplakate in der Stadt Zürich. Diese eine Botschaft, wie sich jeder Einzelne in der Pandemiezeit verhalten soll, wird in vielen Sprachen und auf möglichst allen Kanälen ausgesendet. Aber nicht nur breite Kommunikation ist derzeit gefragt; kantonale und kommunale Stellen haben sich nun vor allem um ein Puzzle aus vielfältigen Aufgaben zu kümmern.

Die Polizei ist permanent unterwegs, um auf die Abstandsregeln im täglichen Strassenleben aufmerksam zu machen. Die Gesundheitsdienste arbeiten ebenso emsig daran, die Versorgungsinfrastruktur und -leistungen aufrechtzuerhalten. Und Finanz- und Arbeitsämter sehen sich mit einer Vielzahl von Anfragen aus der Bevölkerung konfrontiert. An vielen Orten braucht es zusätzliche Hilfe: Über 800 Zürcher Zivilschutzangehörige sind aktuell dort im Einsatz, wo Support auf unterschiedlichste Weise dringend nötig ist.

Unter höchsten Hygienebedingungen

Zum Beispiel in der Kantonsapotheke Zürich, die selbst eine kleine Pharmafabrik in Schlieren betreibt: Vier Zivilschutzangehörige richten jeweils am Morgen ihre Arbeitsplätze ein, an denen sie frisch produziertes Desinfektionsmittel in Handkanister abfüllen. Diese Arbeiten finden unter strengsten hygienischen Bedingungen und Sicherheitsvorkehrungen statt. Schulung, Einweisung und Aufsicht obliegen der Gesundheitsbehörde; nicht einmal der Kommandant der Zivilschutz-Region Eulachtal, die den Hilfseinsatz in den zwei Wochen vor Ostern organisiert, erhielt Zutritt zu den Produktionsräumen. Das ist aber kein Problem: «Wir verhalten uns möglichst so, dass wir den Betrieb nicht allzu sehr stören», sagt Kommandant Remo Eggimann.

Der Zivilschutz hilft der Kantonsapotheke so lange aus, wie es braucht, um den akuten Mangel an Desinfektionsmitteln zu beheben. Inzwischen «stellen wir jede Woche neun Tonnen her», erzählt Apothekenleiter Andreas Hintermann. Bestellen dürfen jedoch nur öffentliche und private Gesundheitseinrichtungen im Kanton Zürich.

Im Hintergrund und an der Front

Vergleichbar dem Einsatz in der Kantonsapotheke, der im geschützten Labor zu leisten ist, arbeiten die meisten Zürcher Zivilschutzangehörigen derzeit im Hintergrund: In Spitälern übernehmen sie administrative und logistische Aufgaben; derweil hat die kantonale Finanzdirektion den Telefondienst an den Zivilschutz delegiert, um die Flut von Gesuchsanfragen zu bewältigen.

Frauen und Männer in grün-oranger Zivilschutzuniform sind bisweilen ganz vorn anzutreffen. Etwa im Auftrag der Kantonalen Führungsorganisation: 20 Zivilschutzangehörige stellen den Betrieb der 24h-Corona-Hotline für die Zürcher Bevölkerung sicher. In Winterthur gehört ein gutes Dutzend, mit Gesichtsmasken und Handschuhen ausgerüstet, zu den Ersten, an die sich Personen wenden können, die um die eigene Gesundheit besorgt sind. Vor dem Kantonsspital kontrollieren Zivilschutzkräfte den Eingang. Und am Bahnhof organisieren sie den Zugang zu einem provisorischen Corona-Testzentrum. Hierhin können sich Personen wenden, die unter Grippesymptomen leiden und vom Hausarzt ein Covid19-Verdachtsattest erhalten haben.

«Noch nie da gewesen»

Der Zürcher Zivilschutz packt derzeit an, wo er kann: bei Spitexdiensten und in Alters- und Pflegeheimen. In der Stadt Zürich wurde ein Zentrum für erkrankte Asylsuchende eingerichtet; auch hier funktioniert der Notbetrieb nur dank den Zivilschutzangehörigen. Um den Überblick zu behalten und Neuaufträge entgegen zu nehmen, hat die Zivilschutzabteilung des Kantons Zürich im kantonalen Ausbildungszentrum in Andelfingen ein eigenes Einsatz- und Koordinationszentrum eingerichtet.

Werner Balmer, Leiter Abteilung Zivilschutz beim Amt für Militär und Zivilschutz des Kantons Zürich, bezeichnet die aktuellen Einsätze gegenüber der NZZ als «noch nie dagewesen». Womit er insbesondere Einsatzdauer und Zahl der Aufgebote meint. Doch längst sind nicht alle personellen Reserven angezapft. Wie Remo Eggimann, Kommandant der Zivilschutzorganisation Eulachtal, ergänzt, nehme man durchaus Rücksicht auf die individuelle Situation von Dienstpflichtigen. «Angehörige, die in derzeit besonders belasteten Branchen berufstätig sind, wollen wir schonen.» Demgegenüber erhalte man von Zivilschutzangehörigen, die aktuell in Kurzarbeit beschäftigt sind, die positive Reaktion, «in dieser Notlage etwas Sinnvolles leisten zu können».

Voll des Lobs sind auch die obersten Führungsorgane im Kanton Zürich. Thomas Würgler, Chef der Kantonspolizei und Leiter des Krisenstabs, verdankte an einer Medienkonferenz Anfang April die «wertvollen Leistungen und die subsidiäre Unterstützung» durch die Zivilschutzkräfte. Regierungsrat und Sicherheitsdirektor Mario Fehr zollte zudem Respekt, weil «die Angehörigen der Schutzorganisationen derzeit ein grösseres Risiko in Kauf nehmen als die Durchschnittsbevölkerung».

 

Wo kommt das Desinfektionsmittel her?

Not macht erfinderisch. Und wenn die globale Lieferkette zusammenbricht, schaut man sich in der Nähe um. Mit diesen Devisen behilft sich aktuell das öffentliche Gesundheitswesen; einige gehen äusserst kreativ vor. Während der Kanton Zürich die Eigenproduktion massiv erhöht, haben andere ungewöhnliche Bezugsquellen gefunden. So kaufte der Kanton Zug einer Kirschbrennerei 2,5 Tonnen ihrer Alkoholvorräte ab. Daraus wird Desinfektionsmittel hergestellt, das allerdings nur Gesundheitsbetrieben und Arztpraxen zur Verfügung steht. Auch der Privatmarkt stellt um: Destillerien und Bierbrauer aus den Regionen Basel und Bern produzieren inzwischen ebenfalls Desinfektionsmittel, unter Verwendung eigener Grundzutaten und Alkoholrestbestände. Per Internet bieten sie ihr Produkt zum Verkauf an.

Ein Video zeigt den Zivilschutzeinsatz beim Kantonsspital Winterthur sehr anschaulich.


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