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Die Zukunft der Dienstpflicht: neue Ansätze

Das Dienstpflichtsystem soll mittelfristig mit dreizehn Massnahmen verbessert, langfristig die Dienstpflicht für Mann und Frau eingeführt werden. Dies schlägt eine vom VBS im Auftrag des Bundesrates eingesetzte externe Studiengruppe vor. Die im Bericht vom 6. Juli 2016 vorgestellten Überlegungen sind auf den Personalbedarf der Armee ausgerichtet. Alle interessierten Kreise werden nun aufgefordert, anhand dieses Berichts über das künftige Dienstpflichtsystem zu diskutieren.

06.07.2016 | Kommunikation VBS

«Status quo plus», «Sicherheitsdienstpflicht», das «norwegische Modell» sowie die «Allgemeine Dienstpflicht»: Diese vier Modelle hat die Studiengruppe Dienstpflichtsystem unter der Leitung von alt Nationalrat Arthur Loepfe in ihrem Bericht an den Bundesrat entwickelt. Die Studiengruppe favorisiert das «norwegische Modell» mit Milizprinzip. Schweizer Männer und neu auch Frauen sollen grundsätzlich dienstpflichtig sein. Dienst leisten sollen jedoch nur diejenigen, die in Armee und Zivilschutz tatsächlich benötigt werden. Dabei haben die Personalbedürfnisse der Armee Vorrang. Alle nicht benötigten Dienstpflichtigen entrichten die Wehrpflichtersatzabgabe. Für die Befreiung von dieser Abgabe gelten dieselben Kriterien wie bisher.

Die Studiengruppe kommt zum Schluss, dass eine nachhaltige Reform des Dienstpflichtsystems nur mit Anpassung von Artikel 59 und 61 der Bundesverfassung möglich ist. Schranken setzten dabei das Gebot der Arbeitsmarkt- und Wettbewerbsneutralität sowie das Zwangsarbeitsverbot gemäss der Europäischen Menschenrechtskonvention. Vor diesem Hintergrund lehnt die Studiengruppe das Modell «Allgemeine Dienstpflicht» ab. Die Vereinbarkeit mit dem Zwangsarbeitsverbot sei umstritten. Zudem bestünde sicherheitspolitisch kein Bedarf nach einer so grossen Menge an Dienstpflichtigen und wirtschaftlich sei das Modell ineffizient.

Modelle «Status quo plus» und «Sicherheitsdienstpflicht»

Das Modell «Status quo plus» will die Wehrgerechtigkeit verbessern, ohne dabei Überbestände zu verursachen, die Durchlässigkeit zwischen den Einsatzorganisationen erhöhen, Ungleichbehandlungen beseitigen, Beiträge zur Behebung von Engpässen im Gesundheitswesen leisten und die Finanzlage des Erwerbsersatzordnungs-Fonds verbessern. Als einziges Modell kann es ohne Verfassungsrevision umgesetzt werden.

Im Modell «Sicherheitsdienstpflicht» werden Zivildienst und Zivilschutz zu einer neuen Organisation Katastrophenschutz verschmolzen. Die Militärdienst- und Schutzdienstpflicht soll durch eine einheitliche Sicherheitsdienstpflicht abgelöst werden. Das Modell schlägt ein neues Verständnis von Wehrgerechtigkeit vor, indem gleichwertig sein soll, ob jemand persönlich Dienst leistet oder die Ersatzabgabe entrichtet.

Empfehlungen zur Optimierung des Dienstpflichtsystems

Zur mittelfristigen Verbesserung des Systems schlägt die Studiengruppe 13 Massnahmen vor. Sie empfiehlt, Anreize für Militärdienstleistende zu schaffen (Steuererleichterungen, Zertifizierung von Tätigkeiten in der Armee, etc.), die Hürde für eine Befreiung von der Dienstleistungspflicht zu erhöhen und das Potenzial der Pflichtigen noch besser zu nutzen. Die Dauer der ordentlichen Zivildienstleistung soll nicht an jene des Militärdienstes angeglichen, der Faktor 1,5 beibehalten werden. Nicht gerechtfertigt hält die Studiengruppe gegenwärtig eine Verschärfung des Systems zur Sicherstellung der Armeebestände, zumal die Weiterentwicklung der Armee (WEA) neue Instrumente zur Bestandessteuerung vorsieht. Sollte die Zahl der ausgebildeten Rekruten in den nächsten Jahren jedoch wiederholt unter den Planungswert von 18‘000 fallen, so sollen alle erforderlichen Massnahmen integral geprüft werden.

Die Einführung eines freiwilligen Zivildienstes für Frauen, Ausländerinnen und Ausländer sowie Militärdienstuntaugliche soll nicht weiter verfolgt werden. Ebenso kommt die Studiengruppe zur Auffassung, dass Feuerwehrdienst nicht an die Schutzdienstpflicht angerechnet werden soll. Im gegenwärtigen System weder erforderlich noch zweckmässig sei zudem eine Integration des Zivildienstes in den Zivilschutz.

Die Studiengruppe hat keine Aufgabenfelder gefunden, in denen zusätzliche Dienstpflichtige in grosser Zahl benötigt würden. Zu klären sei jedoch, ob Entwicklungen im Gesundheitswesen (möglicher Pflege- und Betreuungsnotstand) langfristig den vermehrten Einsatz von Dienstpflichtigen erforderlich machen. Sie empfiehlt unter anderem als vorsorgliche Massnahme, dass vermehrt Dienstpflichtige den Ausbildungsgang zum Pflegehelfer SRK absolvieren.

Bundesrat ruft zur Diskussion auf

Der Bundesrat hatte am 9. April 2014 das VBS beauftragt, eine Studiengruppe unter Beizug verwaltungsexterner Expertinnen und Experten einzusetzen, um das Dienstpflichtsystems ganzheitlich und mit langfristiger Perspektive zu überprüfen.

Am 6. Juli 2016 hat der Bundesrat den Bericht der Studiengruppe zur Kenntnis genommen. Der Schwerpunkt der Überprüfung liegt auf der Entwicklung der Armee unter Berücksichtigung der Herausforderungen, mit welchen das Dienstpflichtsystem nach 2030 konfrontiert sein wird. In einem ersten Schritt werden die dargelegten Empfehlungen durch das VBS und WBF gemeinsam ausgewertet. Anschliessend werden die beiden Departemente dem Bundesrat Massnahmen zum weiteren Vorgehen auf der Grundlage des vorliegenden Berichts unterbreiten. Es handelt sich dabei um einen Prozess mit langfristiger Perspektive.

Alle interessierten Kreise sind nun aufgefordert, anhand dieses Berichts über das künftige Dienstpflichtsystem zu diskutieren.


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